Der Ursprung der Castroper Rennen sind Pferderennen auf den „Schlingermannschen Wiesen“ (im Bereich des heutigen Stadtgartens). Als Höhepunkt einer landwirtschaftlichen Ausstellung veranstaltet der Landwirtschaftliche Verein Castrop Prüfungen, bei denen nicht speziell gezüchtete Rennpferde, sondern Gebrauchspferde im Besitz von Vereinsmitgliedern an den Start gehen.
Der 22. August 1874 gilt als Gründungstag der Castroper Rennen. Zum ersten Mal wird auf Anregung des Iren William Thomas Mulvany das landwirtschaftliche Rennen der Mitglieder mit einem Herrenreiten auch für Nichtmitglieder verbunden. Dazu wurde ein Rennkomitee gebildet, um die Rennen „unter Zuhilfenahme sportlich gesinnter Männer materiell aufzubessern und in bestimmte Normen zu bringen“. Den Vorsitz hat Sohn Thomas Robert Mulvany. Das Rennen wurde sportgemäß (und unfallfrei) ausgeführt.
Begeistert von der Idee eine jährliche Pferderennveranstaltung durchzuführen, beauftragte William Thomas Mulvany, Gründer der Zeche Erin und Besitzer des Hauses Goldschmieding seinen Gutsverwalter James Toole, eine Naturhindernisbahn nach englischem Vorbild in die Hügellandschaft um seinen Sommersitz zu bauen. Am 31. Juli 1875 findet das erste Rennen, dotiert mit 2.900 Mark Preisgeld, auf der neuen Bahn statt.
Die erhöhten Geldpreise locken nicht nur Amateur-, sondern auch Berufsreiter an. Die Rennen verlaufen jedoch leider nicht mehr unfallfrei. In dem schwierigen Gelände um Goldschmieding bleiben einige Reiter mit ihren Pferden auf der Strecke. James Toole, welcher selber an dem Flachbahnrennen teilnimmt, wird in der Zukunft, bis zu seinem Tode im Jahre 1896, nur noch die Aufgabe des Starters ausüben.
Mit einem Jubiläumsprogramm wird der 25. Renntag auf der Goldschmiedinger Rennbahn gefeiert. Der Publikumszuspruch ist stetig gewachsen und auch die Preisgelder sind auf mittlerweile 23.000 Mark gestiegen. (1891 fiel das Rennen aus, ebenso 1893 und 1894 wegen umfangreicher Renovierungsmaßnahmen, 1896 wurde im Andenken an den verstorbenen James Toole pausiert.)
Das Gut Goldschmieding geht durch Kauf einschließlich des Rennbahngeländes in den Besitz der Gelsenkirchener Bergwerks-Aktien-Gesellschaft (GBAG) über. Auf Anfrage des Bürgermeisters stellt die GBAG das Gelände einem zu gründenden Renn-Verein zur Verfügung.
Am 15. Mai 1906 findet eine Versammlung statt, auf der man übereinkommt, „dass alles aufgeboten werden müsse, um das hiesige Rennen, welches durch die Länge der Jahre eine historische Bedeutung für Castrop habe und von großer wirtschaftlicher Bedeutung sei, zu erhalten und neu zu beleben“. Über 100 Personen treten dem Rennverein sofort bei, und der Bürgerverein übernimmt eine Garantiefondszeichnung seiner Mitglieder über 1800 Mark.
Weitere Zeichnungen kommen von Privatpersonen und Industrie aus der Gegend. Die Zechen aus Castrop und Umgebung und auch der Generalkonsul Mulvany lehnen eine Beteiligung ab. Insgesamt beläuft sich die garantierte Summe auf 20.000 Mark, die in Anspruch genommen werden kann, falls das Rennen zu einem Defizit führen sollte. Am 23. Mai 1906 wird der Rennverein gegründet und bezweckt „die Hebung und Förderung des Interesses an der Reiterei sowie die Hebung der Pferdezucht durch Veranstaltung von Pferde-Rennen“.
Am 29. August findet das erste vom Rennverein ausgerichtete Rennen statt und wird ein großer (auch finanzieller) Erfolg.
Seit dem ersten Castroper Renntag sind 35 Jahre vergangen. Dieses Jubiläum wird gefeiert, indem zum ersten Mal in der Geschichte der Rennen bei Haus Goldschmieding eine zweitätige Veranstaltung stattfindet. Am Mittwoch, dem 25., und Sonntag, dem 29. August, werden 12 Rennen gelaufen. Insgesamt sind 37.300 Mark Preisgelder ausgeschrieben. Mit 59 teilnehmenden Pferden, renommierten Reitern und tausenden Besuchern wird die Veranstaltung ein -auch aus sportlicher Sicht- großer Erfolg.
1911 werden wieder an zwei Tagen Rennen gelaufen. Zusätzlich zur eintägigen Veranstaltung im August wird auch im Frühjahr ein Renntag ausgerichtet.
Auch 1912 werden zwei Renntage ausgerichtet.
Beim Frühjahrsrennen im Juni landet als besondere Sensation das Luftschiff „Charlotte“ auf dem Renngelände.
Am zweiten Renntag, dem 25. August 1912, wird vormittags, vor dem ersten Rennen, der Reiterbrunnen auf dem Marktplatz feierlich enthüllt. Der aus Muschelkalk geschaffene Brunnen wird vom „Verschönerungsverein Castrop“ und dem „Rennverein Castrop“ gestiftet.
Der Entwurf von Professor Grasegger aus Köln wurde von einem Preisgericht ausgewählt, weil er „den Anforderungen des Ausschreibens als Stadtbrunnen am meisten Rechnung trägt und sich auch in das Bild des Marktplatzes am besten einfügt“.
Zum 25. Mal (und zum letzten Mal vor dem Krieg) findet am 27. August 1913 das bedeutendste Castroper Rennen dieser Epoche, das große Emschertaler Jagdrennen, statt.
Am 17. Juni 1914 werden die letzten Rennen vor dem 1. Weltkrieg gelaufen. Der zweite Renntag im August konnte aufgrund des Kriegsausbruchs nicht mehr stattfinden.
Durch die Leistungen des Castroper Rennvereins hat sich das Rennen in wenigen Jahren zu einem sportlichen Ereignis erster Güte und Publikumsmagnet entwickelt. Nicht zuletzt die begeisterte Anteilnahme der Bevölkerung hat dem Castroper Rennen seinen unverwechselbaren Charakter verliehen.
Nach dem Krieg finden 1928 und 1930 wieder pferdesportliche Veranstaltungen in Form von Reit- und Fahrturnieren statt. Auch zur 1100-Jahr-Feier der Stadt Castrop 1934 wird ein Rennen ausgerichtet. Im Anschluss an das Große Westfälische Provinzialturnier am 10. und 11. Juni 1937 wird der Rennverein Castrop-Rauxel neu gegründet.
Im September 1937 wird das Gelände besichtigt die Neugestaltung der Rennbahn beauftragt. Im Dezember liegt schon der fertige Entwurf vor.
Im Januar 1938 wird die Ausführung der Hindernisse abgesprochen und am 27. Januar wird die abgesteckte Rennbahn von Vertretern der zuständigen Rennbehörden besichtigt und gutgeheißen.
Bis zum Renntag am 28. August ist die Umgestaltung der Rennbahn abgeschlossen. Der Parcours umfasst eine Jagdbahn und eine Querfeldeinbahn mit Naturhindernissen (Hecken, Wassergräben) und eine Flachbahn ohne Hindernisse. Die Streckenlängen liegen zwischen 3.000 m und 4.500 m und sind mit 13-23 Sprüngen versehen.
Bei der Einweihung hebt Dr. Anton, Oberbürgermeister und 1. Vorsitzender des Rennvereins, den Willen der Bevölkerung zur Wiederaufnahme der alten Renntradition und die Liebe der Bevölkerung zum Pferdesport hervor.
Der erste Renntag auf der neuen Bahn ist ein großer Erfolg mit reger Zuschauerbeteiligung. 1939 findet nochmals ein Renntag statt, bevor der Ausbruch des 2. Weltkrieges zur Einstellung der Castroper Rennen führt.
Im Jahre 1949 finden intensive Gespräche zur Wiederaufnahme der Castroper Rennen statt. Dabei wird die Stadt ersucht, die Finanzierung der Rennen zu übernehmen. Als Argumente werden die kommunale Werbewirkung und die Förderung von Wirtschaft und Verkehr angeführt.
Am 13. März 1950 wird schließlich eine einmalige Beihilfe von 15.000 DM und eine Garantiesumme von 15.000 DM in Form eines Darlehens bewilligt, um die notwendigsten Maßnahmen durchzuführen, damit der nächste Renntag am 9. Juli 1950 mit großer Beteiligung von Zuschauern und Aktiven stattfinden kann. Es gibt 1950 noch zwei weitere Renntage (20. August und 1. Oktober), die aber aufgrund des geringen Publikumszulaufs finanziell defizitär verlaufen.
Trotzdem werden auch 1951 drei Renntage veranstaltet, die aber aufgrund der geringen Zuschauerzahl wieder nicht die Kosten decken können. Dieser Rückgang des Zuschauerinteresses ist ein überall spürbarer Trend, der zum einen auf die Vielzahl konkurrierender Veranstaltungen (1951 gleichzeitig noch Rennen in Gelsenkirchen und Mülheim a. d. Ruhr) und eine wachsende Begeisterung für den Fußball zurückgeführt wird.
Der finanzielle Verlust wird durch die Umwandlung des Darlehens der Stadt abgefangen, außerdem wird eine Förderung des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantragt und 3.000 DM werden bewilligt.
Zur Wiedereröffnung der Querfeldeinbahn wird der Förderungszuschuss des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten von 3.000 DM auf 10.000 DM aufgestockt.
Am 28. Juni 1970 fand das 97. und letzte Castroper Rennen vor nur 421 zahlenden Zuschauern statt. Der für den 13. September vorgesehene zweite Renntag konnte nicht mehr ausgerichtet werden, da die Stadt einen weiteren Fehlbetrag nicht mehr übernehmen konnte. Auch der jährliche städtische Zuschuss wurde für das Jahr 1971 gestrichen, und somit konnte die Anlage nicht mehr weiter betrieben werden.
Folgende Faktoren trugen zum Niedergang der Castroper Rennen bei:
Die Pferdezucht wurde lukrativer. Die Pferde waren zu wertvoll, um sie in Castrop starten zu lassen, wo das Verletzungsrisiko sehr hoch und die Preisgelder niedrig waren.
Die Konkurrenz nahm zu, z.B. mit der modernen Galopprennbahn in Dortmund und den sich etablierenden Trabrennen in Recklinghausen und Gelsenkirchen.
Die Zuschüsse wurden gekürzt und mit den Eintrittsgeldern allein ließ sich bei sinkenden Zuschauerzahlen der Betrieb nicht aufrechterhalten.
Der Rennverein Castrop wurde nie aufgelöst und besteht noch immer.
Gemeinsam mit dem Büro Grünplan aus Dortmund erarbeitet die Stadt Castrop-Rauxel ein Entwicklungskonzept für die ehemalige Naturhindernisrennbahn.
Das Gebiet der ehemaligen Pferderennbahn ist eine der sieben Hauptstationen des „Roten Bandes“. Als stadtgeschichtlicher Pfad stellt das „Rote Band“ eine Ost-West-Verbindung zwischen den beiden Regionalen Grünzügen E und F unter wesentlicher Einbeziehung des kulturhistorischen Erbes bzw. des Denkmalschutzes her. Neben dem 500 m westlich gelegenen Stadtgarten, der Ende des Jahres 1995 unter Denkmalschutz gestellt wurde, ist das Gebiet der ehemaligen Rennbahn eine Grünanlage mit kulturhistorischer Bedeutung und besonderem Wert als Zeuge der Geschichte der Stadt Castrop-Rauxel.
Im Entwicklungskonzept ist neben einer detaillierten Bestandsaufnahme der vorhandenen Vegetation, der Nutzungen und der Strukturen, die historische Entwicklung von der Anlage im Jahre 1938 bis heute dargestellt. Damit wird zum einen die historische Substanz erfasst und zum anderen der historische Leitzustand der Rennbahn, der dem Planungskonzept zugrunde liegt, festgelegt. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte der Castroper Rennen ermöglicht eine Einstufung der historischen und aktuellen Bedeutung der Rennbahn.
Das Entwicklungskonzept bildet auch die Grundlage für die spätere Entscheidung der Stadt, die Rennbahn unter Denkmalschutz zu stellen.
Das ehemalige Rennbahngelände an der Dortmunder Str. hat für die Stadt Castrop-Rauxel eine herausragende kulturhistorische und stadtentwicklungspolitische Bedeutung.
Aus dieser gesellschaftlichen Verpflichtung heraus und zur langfristigen Sicherung dieses Bereiches erfolgt am 13.05.2003 der Beschluss des Betriebsausschusses I der Stadt Castrop-Rauxel, die ehemalige Rennbahn in die Denkmalliste gem. § 3 Denkmalschutzgesetz NRW einzutragen.
Das Grünflächenamt (ab November 2005: Amt für Stadtentwicklung) der Stadt Castrop-Rauxel hat mit finanzieller Unterstützung des Ökologieprogramms Emscher-Lippe im Jahr 2004 Teilbereiche der ehemaligen Rennbahn wieder aufgearbeitet und sichtbar gemacht.
Als Grundlage dient das im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscherpark 1997 erstellte, umfangreiche Entwicklungskonzept für die ehemalige Naturhindernisrennbahn in Castrop-Rauxel. So wird im Bereich der ehemaligen Tribüne und des Zieleinlaufes mittels weißer Poller, die den Verlauf einiger Rennbahnen dokumentieren, der Charakter der historischen Anlage wieder kenntlich gemacht. Moderne Steingabionen (steinbefüllte Drahtkörbe) stehen an Stelle und an Stellen ehemaliger Hindernisse. Der Zielturm selbst steht in robuster Stahlbauweise und zeigt im Innern eine kleine Fotodokumentation und Texte zur Geschichte der Rennbahn.
Darüber hinaus machen rote Stelen an den Zugängen zum Rennbahngelände auf die Internetseite der Rennbahn aufmerksam. Unter www.castroper-rennen.de finden Interessierte hier Informationen über die Geschichte des Geländes.
Die Einweihung des Ortes findet am 22.08.2004 statt. Punkt 11.00 Uhr läutet Bürgermeister Nils Kruse die alte Rennglocke, die sonst im Dienstzimmer des BM aufbewahrt wird. Der letzte Schatzmeister des Castroper Rennvereins, Heinrich Brüggemann führt in die Geschichte der Ortes ein. Als Erinnerungsstück bringt er einen Toto-Schein vom letzten Renntag (1970) mit.
Wiederbelebung des Castroper Rennens als Familienfest auf dem Gelände mit einem Show-Reitturnier. Ca. 16.000 Menschen.
Reaktivierung des Rennverein Castrop-Rauxel e.V.